Mit studio grüngrau arbeitet aib gerade gemeinsam an einem innovativen Projekt in Erlangen. Wir haben Thomas Fenner in seiner Heimatstadt Düsseldorf getroffen und über den Kö-Bogen I gesprochen.
Herr Professor Fenner, im Jahr 2023 feierte Düsseldorf das zehnjährige Jubiläum des Kö-Bogen I. Sie haben als Landschaftsarchitekt maßgeblich zur Gestaltung dieses Ortes beigetragen. Was bedeutet diese Neugestaltung für die Stadt?
Der Kö-Bogen I ist für Düsseldorf ein echter Meilenstein. Er steht für die gelungene Verbindung von Architektur und städtischer Entwicklung. Das von Daniel Libeskind entworfene Ensemble hat der Stadt ein neues, unverwechselbares Gesicht verliehen und bietet durch den vielfältigen Mietermix einen attraktiven Anziehungspunkt. Für mich als Landschaftsarchitekt ist es faszinierend zu sehen, wie Architektur und urbane Qualität hier Hand in Hand gehen. Der angrenzende Hofgarten ist ein gutes Beispiel für einen städtischen Freiraum, der tief in der Geschichte und Identität Düsseldorfs verwurzelt ist. Solche Orte prägen das Stadtbild, ähnlich wie der Eiffelturm in Paris oder die Ramblas in Barcelona. Mit der Neugestaltung und gezielten Aufwertung von Düssel, Landskrone und Kö-Graben wollten wir diese städtebauliche Identität noch stärker hervorheben.
Wie haben Sie den Gewinn dieses internationalen Wettbewerbs erlebt, gerade weil Sie selbst so nah am Geschehen wohnen?
Das war eine schöne Erfahrung! Ich hätte damals nie erwartet, dass wir uns gegen so viele starke Teams durchsetzen würden. Als wir es in die zweite Runde geschafft haben und schließlich gewannen, war die Freude riesig. Bei der Pressekonferenz unsere Entwürfe, wie die „Rheinische Rambla“ und den Turm an der Tuchtinsel vorzustellen, fühlte sich surreal an. In meiner Heimatstadt ein Projekt auf einer Fläche von 11 Hektar zu realisieren, war eine einmalige Chance. Ich bin stolz, dass sich unsere Ideen so gut bewährt haben.
In Ihren Projekten betonen Sie häufig die Balance zwischen Historie und Moderne. Warum ist das für Sie so bedeutend?
Düsseldorf war in der Stadtplanung eine besondere Herausforderung. Zusammen mit einem Architektenkollegen aus Köln haben wir mehrere Projekte umgesetzt und elf neue Baufelder geschaffen, von denen bereits sieben realisiert wurden. Unser Ziel war es, nicht einfach nur den Zustand vor dem Krieg wiederherzustellen, sondern moderne Elemente zu integrieren, die dem Raum neue Lebendigkeit verleihen. Diese Balance ermöglicht eine zeitlose und lebendige Stadtgestaltung.

Mit der Neugestaltung und gezielten Aufwertung von Düssel, Landskrone und Kö-Graben wollten wir diese städtebauliche Identität noch stärker hervorheben.
Ihr Büro hat eine beeindruckende Erfolgsbilanz bei Wettbewerben. Wie erklären Sie sich das?
Wettbewerbe sind für uns essenziell, um neue und spannende Projekte zu entwickeln. Wir wählen unsere Partner dabei sehr gezielt aus, um sicherzustellen, dass wir in der Freiraumplanung nicht nur eine „Zulieferer-rolle“ spielen, sondern aktiv den städtebaulichen Kontext mitgestalten können. Gute Freiraumplanung ist für mich untrennbar mit gutem Städtebau verbunden.
In Ihrem Konzept setzen Sie stark auf den Erholungswert städtischer Freiräume. Warum sind solche Orte heute so essenziell?
Historisch betrachtet galten Parks und Freiräume oft als Geschenk an die Bevölkerung, wie man etwa an den Werksiedlungen im Ruhrgebiet sehen kann. Dahinter steckte die Idee, dass erholte und gesunde Menschen produktiver sind. Solche Orte boten Rückzugsräume, förderten die Gesundheit und reduzierten Krankheiten – eine echte Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Diese Bedeutung hat sich bis heute nicht geändert, sondern ist angesichts des Klimawandels sogar noch gewachsen. Dabei geht es um eine feine Balance: Innenstädte sollen grüner werden, aber man muss klug abwägen, ob eine Fläche als belebte Fußgängerzone oder als ökologischer Ausgleich dient. Hier sind Effizienz und gezielte Begrünung der Schlüssel.
Wie erhalten Sie in Ihren Projekten die historische Qualität einer Stadt?
Städte wie Paris oder Florenz bewahren seit Jahrhunderten eine beeindruckende historische Qualität. Die Beständigkeit der alten Stadtstrukturen hat etwas sehr Faszinierendes. In unseren modernen Projekten versuchen wir, diese Charakteristik zu wahren und gleichzeitig durch gezielte Begrünung das Stadtklima zu verbessern. Es geht nicht darum, alles zu begrünen, sondern nachhaltige und durchdachte Lösungen zu finden, die den Charakter der Stadt bewahren.
Warum spielen große Bäume in Ihren Projekten eine besondere Rolle?
Große Bäume haben eine erstaunliche Wirkung auf ihre Umgebung. Sie schaffen ein ganz eigenes Raumgefühl und bieten in Zeiten des Klimawandels natürliche Kühlung. Studien zeigen, dass ein großer Baum im Sommer so viel kühlt wie fünf große Klimaanlagen – und das ohne zusätzliche Kosten. Zudem sind sie im Vergleich zu anderen Investitionen oft überraschend kostengünstig. Deshalb versuche ich, Bauherren von der Bedeutung großer Bäume zu überzeugen.
Die Corona-Pandemie hat ja den Blick auf Freiräume verändert. Wie sehen Sie das?
Vor der Pandemie wurden Freiräume häufig als Nebensache betrachtet. Doch die Pandemie hat uns gezeigt, wie entscheidend diese Flächen für unser Wohlbefinden sind. In einer Zeit, in der Menschen mehr Zeit im Freien verbringen, sind Grünflächen zu einem echten Qualitätsfaktor geworden. Auch Unternehmen erkennen zunehmend den Wert solcher Räume, weil sie eine Attraktivität schaffen, die sich durch standardisierte Büromöbel oder Firmenwagen nicht erreichen lässt.
Was sollten Städte und Unternehmen aus Ihrer Sicht für die Zukunft beachten?
Städte und Unternehmen müssen sich der Bedeutung ihrer weichen Standortfaktoren bewusst sein. Dazu gehören nicht nur Wohnraum und Kulturangebote, sondern auch Grünflächen und Freizeitmöglichkeiten. Eine attraktive Umgebung steigert die Lebensqualität enorm, was besonders für junge Familien und ältere Paare entscheidend ist. Bereits in den 70er-Jahren zeigte eine bekannte Studie, dass Patienten mit Blick auf eine grüne Parkanlage deutlich schneller genesen als jene, die nur auf einen grauen Innenhof blicken. Das verdeutlicht, wie stark Grünflächen unser Wohlbefinden beeinflussen.


Prof. Thomas Fenner
Geschäftsführer studio grüngrau
Gibt es Projekte, die Sie in Bezug auf langfristige Stadtplanung besonders beeindrucken?
Ein Paradebeispiel ist der Central Park in New York. Vor über 200 Jahren trafen die Planer die mutige Entscheidung, diese riesige Fläche unbebaut zu lassen. Diese Entscheidung prägt Manhattan bis heute und hat den Wert der Stadt immens gesteigert. Sie zeigt, dass gut geplante Freiräume über Jahrhunderte Bestand haben können und das urbane Leben nachhaltig bereichern. In Südeuropa ist es übrigens tief verwurzelt, sich auf öffentlichen Plätzen zu treffen. Dort ist es ganz normal, dass auch ältere Menschen abends noch draußen in Cafés sitzen. In Deutschland hingegen wird der private Raum oft stark abgegrenzt. Aber durch den Klimawandel und die steigenden Temperaturen suchen die Menschen auch hier zunehmend nach Abkühlung und Entspannung in Parks und öffentlichen Räumen.
Herr Fenner, visionäre Projekte zu realisieren, wird angesichts des Drucks auf städtische Flächen immer schwieriger. Wie sehen Sie diese Herausforderung?
Es ist heute wirklich herausfordernder, große unbebaute Flächen zu finden, gerade in den Innenstädten. Der Fokus liegt zunehmend auf Nachverdichtung und dem Recycling bestehender Flächen. Dennoch sollten wir die langfristigen Visionen nicht aus den Augen verlieren, auch wenn Kompromisse nötig sind. Früher waren Entscheidungen oft einfacher, weil sie von Einzelpersonen getroffen wurden, heute sind die Prozesse komplexer. Aber die Notwendigkeit solcher visionären Projekte bleibt bestehen.
Was bedeutet für Sie Bescheidenheit im Kontext Ihrer Arbeit?
Es geht darum sich als Teil eines größeren Ganzen zu verstehen. Die Pale-Blue-Dot-Fotografie der Raumsonde Voyager erinnert uns daran, wie winzig unsere Probleme im Vergleich zum Universum sind. Ich bin stolz auf das, was wir erreicht haben, wie die Pflanzung von sicherlich mehreren 10.000 Bäumen, aber es geht letztlich darum, der Allgemeinheit zu dienen und den Menschen Freude zu bereiten. Diese Freude treibt mich an. Architektur und Landschaftsgestaltung sind für mich wie ein Handwerk, das aus dem Bauch heraus entstehen muss. Ein Entwurf muss nicht bis ins letzte Detail theoretisiert werden – der Schwung muss einfach passen.
Sie sprechen auf Ihrer Website von dem Prinzip Freude. Auch in der Lehre setzen Sie darauf. Wie bringen Sie das in Ihren Vorlesungen ein?
Ja, wie schafft man Orte, die zum Wohlfühlen einladen? Landschaftsarchitektur, die sowohl den Verstand als auch die Sinne berührt und dabei nicht nur den emotionalen, sondern auch den messbaren Wert steigert? Wir finden, durch das Prinzip Freude. Ich halte meine Vorlesungen immer frei und ohne festes Skript. Es macht mir Spaß, den Studierenden an der HSD Hochschule Düsseldorf, Fachbereich Architektur, die Grundlagen von Geschichte, Raumproportionen und Theorien näherzubringen. Am besten gelingt das, indem ich lebendige Geschichten und praxisnahe Beispiele einfließen lasse. Es geht darum, die Begeisterung für das Gestalten zu wecken – und das gelingt, wenn Vorlesungen inspirieren und nicht nur trockene Fakten vermitteln.
Haben Sie schon an die Nachfolge gedacht?
Das Thema Nachfolge war für mich immer ein wichtiger Punkt. Ich möchte nicht derjenige sein, der als Letzter das Licht ausmacht. Es ist entscheidend, rechtzeitig loslassen zu können, auch wenn das manchmal schwerfällt. Der Übergang zu einem neuen Eigentümer hat dem Büro eine frische Dynamik gegeben. Es geht nicht nur um finanzielle Aspekte, sondern darum, das Büro und die Projekte langfristig abzusichern. Mit der Einbindung in die BKW-Gruppe haben wir nun eine stabile Basis und gute Perspektiven für die Zukunft.
Bereits mit 24 Jahren war ich in dem Büro tätig, in dem ich heute noch arbeite. Als ich damals Partner wurde, stand das Unternehmen vor wirtschaftlichen Herausforderungen. Wir mussten uns neu strukturieren und anpassen. Glücklicherweise war mein damaliger Partner offen für Veränderungen, und durch die Teilnahme an Wettbewerben haben wir das Büro wieder erfolgreich gemacht.
Anfang 2024 habe ich das Büro an die BKW verkauft, einen Schweizer Energiekonzern, der rund 70 Firmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz besitzt. Trotz des Verkaufs genieße ich weiterhin große operative Freiheiten und kann mich auf das kreative Arbeiten konzentrieren. Die Entscheidung war gut durchdacht, denn die BKW suchte nach einem renommierten Landschaftsarchitekturbüro – es war für beide Seiten ein kluger strategischer Schritt. Diese Veränderung ermöglicht mir, Verantwortung abzugeben, während wir gemeinsam mit meinem Co-Geschäftsführer Christian das Büro weiterentwickeln.
Wie beeinflusst Ihre handwerkliche Ausbildung als Gärtner Ihr heutiges Verständnis von Architektur?
Mit 16 begann ich eine Lehre als Gärtner, wollte aber bald mehr erreichen. Auch ohne klassisches Abitur konnte ich durch Fachabitur und eine klare Zielverfolgung meinen beruflichen Weg finden. Schon damals wusste ich, dass ich kreativ arbeiten und selbstständig sein wollte. Für mich ist Architektur und insbesondere das Entwerfen immer noch Handwerk. Ich habe als Gärtner angefangen und das hat mein Selbstverständnis geprägt. Dieses Wissen um die Grundlagen und die Liebe zum Handwerk werde ich immer hochhalten.
Herr Fenner, vielen Dank für das Gespräch.
Sehr gerne, es war mir eine Freude.

Studio grüngrau ist eines der führenden Landschaftsarchitekturbüros in Deutschland. Seit 1971 gestalten sie anspruchsvolle und zukunftsweisende Freiräume, zunächst unter anderen Namen wie Bödeker, Boyer, Wagenfeld und Partner sowie FSWLA. Mit einem Team von 30 Mitarbeitenden realisieren sie ästhetisch und funktional durchdachte Projekte, stets mit hoher Verlässlichkeit und einem Fokus auf Qualität und nachhaltige Gestaltung. Mit über 2.800 Projekten Erfahrung setzen sie Maßstäbe in der Landschaftsarchitektur.